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"Der Mensch ist zudem sowohl geeignet als auch gezwungen, sich zu überschreiten, sich zu transzendieren – auf andere Menschen hin, auf die Zukunft hin, auf die Natur hin …"
(Klaus Dörner, 1993)

Herbst-Newsletter 2022

Wir möchten mit diesem Newsletter alle herzlich einladen, auf diesem Wege an unserem Vereinsleben teilzuhaben.
Der Herbst-Newsletter wird nicht als PDF-Dokument versandt, sondern mittels des Softwareprogramms MailPoet. Diese Art des Newsletterversands soll auf unterschiedlichen Bildschirmen und Smartphone Displays eine optimale Lesbarkeit ermöglichen.
Wir, Marianne Schuer, Mirko Damschke, Bernhard Düformantel und Gyöngyvér Sielaff sind mit vielen anderen, die zu unseren Themen Beiträge geschrieben haben, für Form und Inhalt verantwortlich.
Wir berichten dieses Mal nicht nur über die Aktivitäten in unserem Verein, sondern wir möchten unsere Gedanken über diese besondere Zeit mit Euch teilen.
Auch hat unser Herbst-Newsletter ein Kernthema, über das wir einerseits informieren möchten, anderseits möchten wir damit die Aufmerksamkeit auf diese junge und sehr wichtige Berufsgruppe der EX-IN Angehörigenbegleiter*innen lenken. Wir möchten die Bedeutung und Wirksamkeit dieser Arbeit zeigen und dazu einladen, diese Idee weiterzutragen.
Herzlich willkommen!

Herbst 2022

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Der Herbst ist da - von Mirko Damschke

Als mein Sohn in der Kita Spatzennest war, gab es eine Zeit, in der sein liebstes Lied das Lied „Der Herbst ist da“ war:

Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da
Er bringt uns Wind, hei hussassa!
Schüttelt ab die Blätter, bringt uns Regenwetter
Heia hussassa, der Herbst ist da!

Ich hatte den Eindruck, dass insbesondere das „hei hussassa“ es ihm angetan hatte.

Immer, wenn mein Sohn an der Reihe war, sich in der Kita ein Lied in der Morgenrunde zu wünschen, war der Wunsch natürlich das Herbstlied. Dieser Wunsch überdauerte sogar die Jahreszeit Herbst, sodass die Kita – in einer anderen Jahreszeit angekommen – ein wenig Schwierigkeiten hatte, von meinem Sohn einen anderen Lied-Wunsch zu bekommen.

In dem Gedicht „Sozusagen grundlos vergnügt“ von der Dichterin Mascha Kaléko heißt es:

Dass Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter.
Gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter.
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehen.
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn!

„Da steckt ein Sinn dahinter.“, höre ich. Beim Thema Sinn kann ich nicht umhin, an Viktor Frankl zu denken.

Viktor Frankl (1905 - 1997) ist der Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, der dritten Wiener Richtung der Psychotherapie. Viktor Frankl ist Überlebender von vier Konzentrationslagern zur Zeit des Nationalsozialismus.

Der Mensch habe ein Bedürfnis nach Sinn.

Damit hat Viktor Frankl uns heute – 25 Jahre nach seinem Tod – noch so viel zu sagen!

Vielleicht fragen wir uns manchmal, was dieses oder jenes eigentlich für einen Sinn habe. Oder wir resümieren, dass alles gar keinen Sinn habe. Oder dass es sinnlos sei, die Sinnfrage überhaupt zu stellen. Hier kann Viktor Frankl Klarheit bringen.

Nach Frankl sei der Mensch ein sinnzentriertes Wesen, das Sinn braucht, um überhaupt zu leben und zu überleben.
Der Mensch habe die Fähigkeit, nicht nur um sich selber zu kreisen. Er könne sich selbst verlassen und sich hinbewegen zu einer Aufgabe, zu einem Sinn, das nicht mehr er selbst ist.
Durch diese Fähigkeit, Distanz zu sich selbst zu gewinnen, dadurch würde man die Fähigkeit gewinnen, über sich hinauszuwachsen.

Es ist also lebensnotwendig, dem Bedürfnis nach Sinn nachzuspüren, um die ganz individuelle Sinn-Nische zu finden.

Was den hinter uns liegenden Sommer angeht: Für mich ist der Sommer eher eine Zeit des Stillstands. In diesen warmen oder sogar heißen Monaten scheint für mich die Welt oftmals stillzustehen. Und es ist kein angenehmer Stillstand, kein angenehmes Verweilen. Insofern freue ich mich, dass jetzt meine liebste Jahreszeit anbricht: der Herbst.

In dieser Zeit erfreuen mich die bunten Blätter der Bäume – an den Ästen und auch auf dem Boden. Die Kastanien, Eicheln und Bucheckern sind schön anzuschauen. Der Wind ist mit seinen vielfältigen Erscheinungsformen präsent. Und das Sonnenlicht bekommt im Herbst eine angenehmere, weichere Qualität.

Herzlich willkommen, lieber Herbst und herzlich willkommen in unserem Herbst-Newsletter.
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„Es ist nun der Herbst gekommen“ - Herbst in 2022

von Gyöngyvér Sielaff

Herbst ist die Zeit des großzügigen Schenkens der Natur, die Zeit des Gewahrwerdens vom immer wiederkehrenden Wandel und die Zeit der Dankbarkeit über diese Fülle und Buntheit, die uns in dieser Zeit so großherzig zugestanden wird.

An regnerischen und stürmischen Herbsttagen kann man ganz ohne schlechtes Gewissen einfach drinnen bleiben, ohne einen Fuß vor die Tür setzen. An solchen Tagen hilft ein gutes Buch, mit dem man es sich vor dem Kamin oder mit einer Wärmflasche an den Füßen so richtig gemütlich machen kann.

Innehalten und ausatmen mit der Natur.

In diesem Jahr ist neben jener Schönheit des Herbstes auch die Nachdenklichkeit darüber da, was eigentlich um uns herum passiert. Es ist auch die Zeit der Sorge und der Verunsicherung, weil die Welt um uns herum aus dem sicherheitsgebenden Rahmen herauszufallen scheint?

Einstein im Jahre 1932 in dem Buch: Albert Einstein Sigmund Freud Warum Krieg?
Diese Worte sind weiterhin hoch aktuell und könnten für uns alle impulsgebend und wegweisend sein.

„Es gäbe genug Geld, genug Arbeit, genug zu essen, wenn wir die Reichtümer der Welt richtig verteilen würden, statt uns zu Sklaven starrer Wirtschaftsdoktrinen oder -traditionen zu machen. Vor allem aber dürfen wir nicht zulassen, dass unsere Gedanken und Bemühungen von konstruktiver Arbeit abgehalten und für die Vorbereitung eines neuen Krieges missbraucht werden. Ich bin der gleichen Meinung wie der große Amerikaner Benjamin Franklin, der sagte: es hat niemals einen guten Krieg und niemals einen schlechten Frieden gegeben.“

Neben der Verunsicherung verbreitet sich auf leisen Sohlen eine Atmosphäre, die von Resignation und der Machtlosigkeit beherrscht zu sein scheint.
Wir sind in dieser so merkwürdigen Zeit mehr denn je auf das Wohlwollen, auf das mitfühlende Zuhören und auf das sensible Wahr-nehmen voneinander angewiesen.
Und, sind wir wirklich so macht-los?

Hierzu der weise Dalai-Lama, der, wie so oft, das Wesentliche durch die Weisheit des Humors vermittelt:
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In diesem Sinne lass uns das Mit-gefühl füreinander und die Zuversicht immer wieder pflegen und beleben.
Mit der Gewissheit, dass wir nicht nur Räume schaffen sollten, damit Beteiligung und Begenung möglich werden, sondern auch wir selber uns auf den Weg machen, um - nach Gandhi - selber diese Veränderung zu sein.
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Zum Tod von Klaus Dörner - von Gyöngyvér Sielaff

„Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande
als flöge sie nach Haus.“

Quelle: Gedicht "Mondnacht" (Joseph von Eichendorff)

Lieber Klaus,
ein Brief an dich scheint für mich eine passende Form sich deiner zu erinnern.
So viele Bilder steigen auf, wie du in den EX-IN Kursen dabei warst und mit uns diskutiert hast, wie du dich über das Buch mit Paul Klees Engeln zu deinem 80. Geburtstag gefreut hast.
Ich merke dennoch, ich möchte mich noch nicht erinnern. Eher möchte ich deine unspektakuläre Art, wie du Menschen in deinen Du-Raum so selbstverständlich eingeladen hast, erleben, deine nachdenkliche und zugleich schelmische Erzählweise hören und schauen, wie du vor deinem Vortrag deine Papiere ordnest - natürlich alle mit Schreibmaschine geschrieben.
Ja, es wird vielleicht so manches aus dem Geschilderten verblassen und eine Erinnerung werden, aber nicht deine beinahe visionäre Entschiedenheit, wie du die Psychiatrie gedacht hast. Dein Appell, die Psychiatrie aus der Sicht der „Schwächsten“ zu denken, war neben Dorothea Bucks Appell nie aufzugeben miteinander reden zu wollen, zwei wichtige ethische Wegweiser, die mich in meinem beruflichen Tun geprägt und begleitet haben. Und ich bin „nur“ eine von vielen Kolleginnen und Kollegen, Erfahrenen und Angehörigen, die ähnlich von dir angeregt und inspiriert worden sind.
Lieber Klaus, dein Werk und Wirken werden allerorts zurzeit aufgezählt und gewürdigt. Ich/wir in der Hamburger EX-IN Bewegung möchten dir darüber hinaus unsere tiefste Dankbarkeit ausdrücken; für dein Wirken und für dein Sein.
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Zur Einweihung des Dorothea-Buck-Park

Am 25.09.2022 an einem Sonntag wurde der Deckelpark über der Autobahn A7 in Hamburg-Schnelsen zur Ehre und zum Gedenken nach Dorothea Buck benannt und feierlich eröffnet.
Wo früher die A7 den Stadtteil zerteilt und Autobahnlärm die Anwohnenden genervt hat, ist in zweieinhalb Jahren Bauzeit eine drei Hektar große Parkanlage mit viel Grün und Ruhe entstanden.

In Dorotheas Park können viele Menschen sich erholen und aus einer „erhöhten“ Perspektive alles, was sie gerade beschäftigt, überdenken oder die Seele „rundlaufen“.
Wir haben uns gefragt, was wohl Dorothea zu dieser Ehrung gesagt hätte. Sie hätte wahrscheinlich die ihr zugestandene Redezeit und die große Öffentlichkeit genutzt, um uns alle daran zu erinnern, dass das Allerwichtigste ist, dass wir miteinander reden und uns wahrlich und mit großem Interesse begegnen und dass der Park dazu wunderbar einlädt.

SCHWERPUNKTTHEMA ANGEHÖRIGENBEGLEITUNG

„Sichtbar werden“ – Bedeutung und Wirksamkeit der Angehörigenbegleitung


von Gyöngyvér Sielaff

Seit einigen Jahren erproben Angehörigenbegleiter in der ambulanten und stationären psychiatrischen Landschaft von Hamburg und inzwischen auch anderswo die Idee, dass es ein großer Gewinn für Angehörige sein kann von geschulten Angehörigen bei ihren Lebensprozessen begleitet zu werden. Die Angehörigenbegleitung vervollständigt die Hilfen für Familien mit seelischen Erkrankungen und stellt die persönliche und individuelle Lebenssituation der Angehörigen in den Mittelpunkt. Bisher wurden die Angehörigen eher als „Anhängsel“ und nicht als eigenständige Personen mit eigenem Lebensentwurf wahrgenommen. Gerade dort, wo psychisch Erkrankte in ihrem Alltag begleitet werden, wäre ein Gesprächsangebot für betroffene Angehörige sinnvoll und hilfreich.
Über Kummer, Zweifel und auch Wut in einem intimen Gesprächsrahmen sprechen zu können und sich dabei der Solidarität des Gegenübers sicher sein zu können, verhilft zu der Zuversicht, die Angehörige so dringend brauchen. Damit sie sich aus der Erstarrung und Fixierung auf das Leid allmählich lösen können und ihr eigenes Leben wiederentdecken. Allein auf sich gestellt, schafft dies kaum jemand. Diese Erkenntnisse sind Angehörigen zwar theoretisch vertraut, aber um sie auch leben zu können, brauchen sie eine solidarische und verbindliche Unterstützung. Die Mitarbeit von Angehörigen in der Psychosozialen Versorgung sollte in Zukunft selbstverständlich sein. Ihr Wirkungskreis könnte noch über die Psychiatrie hinaus, in die Alltagsbewältigung der Familien gehen.
Um diese begleitende Arbeit machen zu können, wird eine reflektierte Auseinandersetzung mit der eigenen Erfahrung benötigt und ein Wissen darüber, was es braucht, um Angehörige in so einer schweren Lebenssituation zu begleiten.
Dazu wurde in Hamburg ein EX-IN Curriculum entwickelt und erprobt.
2021 hat der Dachverband das Nutzungsrecht von der Urheberin, Gyöngyvér Sielaff, für die Qualifikation bekommen. Diese Entscheidung ist mit der Hoffnung verknüpft für diese neue Berufsgruppe eine überregionale breite Basis zu schaffen und die Qualifikation in den Dachverbandsstrukturen zu etablieren.
In Hamburg sind bis jetzt drei überregionale Kurse gelaufen. Die nächsten Beiträge bezeugen die engagierte Arbeit der Angehörigenbegleiter*innen und auch derer, die diese Arbeit machen möchten, wie Christian Pfister aus der Schweiz.
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Christian Pfister aus dem aktuellen Angehörigenbegleiter-Kurs Bern, Schweiz

Angehörige von psychisch erkrankten Menschen sind Helden. Und Heldinnen. Mit vollem Herzen begleiten wir unsere Angehörige durch Phasen und Lebensumstände, die überwältigende Erfahrungen mit sich bringen. In unseren Erfahrungen liegt eine ungeheure Kraft. Eine Kraft zu Veränderung, eine Kraft, Wissen zu mehren, eine Kraft der Solidarität, eine Kraft der gegenseitigen Unterstützung – kurzum eine Kraft, um die Psychiatrie menschlicher zu gestalten. Und das ist bitter nötig. Wir brauchen nichts weniger als einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie wir Menschen mit psychischen Herausforderungen begegnen, begleiten und unterstützen. Wir tun als Gesellschaft gut daran, mit viel Schaffenskraft neue Wege in der Psychiatrie zu beschreiten. Denn das System ist überfordert – die Zahl der erkrankten Menschen nimmt stetig zu, die Erfolge der herkömmlichen Psychiatrie sind überschaubar. Als Angehöriger vermittelt das System: keine Zeit, kein Geld, keine Lust, keinen Anreiz, den Status Quo zu hinterfragen. Als Angehörige gehören wir zu jenen, die immer den ganzen Menschen im Auge haben. Und deshalb verzweifeln wir bisweilen daran, dass im System «Psychiatrie» die Profis meist nur einen spezifischen Blick pflegen, ein Silodenken sozusagen. Entsprechend löchrig ist das Auffangnetz für unsere Lieben und ihr herausforderungsreiches Leben. Die Ausbildung zur Angehörigenbegleiterin und zum Angehörigenbegleiter ist eine wunderbare Möglichkeit, mehr über die Kraft der gemeinsamen, solidarischen Zusammenarbeit unter Angehörigen zu lernen – und auch Inspiration und Wissen zu erlangen, um zu einer dringend notwendige Systemveränderung beizutragen. Gyöngyvér Sielaff und Irmela Boden leisten mit ihrem ersten Lehrgang in der Schweiz nicht nur Pionierinnenarbeit. Sie vermitteln uns ein breites Wissen, viel Freude an der Sache, eine ansteckende Menschlichkeit und inspirieren dazu, sich über die eigenen Mitwirkungsmöglichkeiten ins Klare zu kommen. Man kann den beiden dafür nicht oft genug danken. Beide sind als Persönlichkeiten gelebte Veränderung.

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Luise Boege - Angehörigenbegleiterin in Berlin

(EX-IN-Angehörigenbegleitung Hamburg Kurs 3 2019/2020)
Seit April 2022 arbeite ich als Angehörigenbegleiterin/Angehörigen-Peer in Probezeit im St.-Hedwig-Krankenhaus in Berlin (15 Stunden/Woche, als Teil des Teams auf einer allgemeinpsychiatrischen, geschützten Station). Der Start ist für mich insofern hart, als dass ich ins kalte Wasser geschmissen wurde. Ich finde einiges selbst heraus und bewege mich so mit kleinen Zielen durch den Stationsalltag. Der Fokus: Angehörige in ihren schwierigen, oft schwer erträglichen, ambivalenten Situationen und Beziehungen zu begleiten. Damit Gespräche überhaupt stattfinden können, besorge ich mir Raum und Informationen. Manche sehe ich nur einmal. Ich frage, wie es ihnen geht. Andere treffe ich öfter, manchmal glaube ich, kleine Prozesse wahrzunehmen. Ich lerne, auf mich zu hören: Übernehme ich mich, brauche ich Hilfe und wen könnte ich darum bitten? Gerate ich in die Rolle des Prellbocks? Was verstehe ich nicht, wo höre ich auf, zuzuhören? Wieso laugt mich das eine Gespräch aus, wieso gibt mir ein anderes Kraft? Die eigene Unsicherheit empfinde ich als den Kern meines eigenen Angehörigendaseins. Es ist etwas, das mir (z.B. in Teamzusammenhängen) im Weg steht und aus dem ich zugleich irgendwie schöpfe. In Bezug auf Perspektive und Sprechhaltung versuche ich flexibel zu sein. Es gibt nicht die eine Lösung, und ich möchte zwar, dass es allen gut geht, aber ich kenne nicht das Bedürfnis, heilen zu wollen. Krisen und Krankheiten sind für mich keine isolierten Phänomene, sie betreffen alle.
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Angela Winkler - Angehörigenbegleiterin in Zürich

(EX-IN-Angehörigenbegleitung Hamburg Kurs 3 2019/2020)
Ich hatte grosses Glück, nach meiner EX-IN-Ausbildung für Angehörige fast nahtlos als Angehörigenbegleiterin in eine Praxis für Psychotherapie einsteigen zu können. Für die Praxis, bestehend aus einem Psychiater und EX-IN-Trainer, einer EX-IN-Genesungsbegleiterin und einer Psychotherapeutin war ich das fehlende Glied, um eine Zusammenarbeit mit trialogischer Herangehensweise zu versuchen. Es ist dies die erste fachärztliche Praxis in der deutschsprachigen Schweiz, in welcher ein Psychiater, eine Genesungsbegleiterin und eine Angehörigenbegleiterin – alle drei mit EX-IN-Ausbildungen im «Gepäck» - kooperieren und so das psychiatrische Versorgungssystem ergänzen.
Um das innovative Projekt durchführen zu können, gründeten wir den Verein EX-IN AMBULANT, welcher sich um die Finanzierung einer zweijährigen Aufbau- und Erprobungsphase bemüht. Wir sind auf finanzielle Unterstützung durch Privatpersonen und gemeinnützige Körperschaften angewiesen. Noch ist es eine Zukunftsvision, in diesem Setting außerhalb einer psychiatrischen Institution bestehen zu können. Es ist Pionierarbeit mit viel Engagement und Hoffnung, aber durchaus zukunftsorientiert.
Im Projekt «Trialog und Antistigma Schweiz» engagiere ich mich seit zwei Jahren in einem Schulprojekt, welches in Schulen ab der 9. Klasse eine neue Form der Aufklärung über psychische Erkrankungen anbietet. Trialogisch (Fachperson, Betroffene und Angehörige) zusammen klären wir auf statt auszugrenzen. Unser Motto: Wir schauen hin, hören zu und sprechen darüber. Wir vermitteln Hoffnung und wirken präventiv. Die Nachfrage nach diesem Angebot ist gross und wächst stetig. Mein Referat aus der Angehörigenperspektive verschafft mir große Genugtuung, auch weil ich merke, wie nötig diese Art der Aufklärungsarbeit zu psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen ist.
Seit August dieses Jahres (also noch ganz neu) bin ich in der Beratungsleitung des Projekts «Leben mit Schizophrenie» der Guido Fluri Stiftung tätig. Meine Aufgabe besteht darin, eine Online-Angehörigenbegleitung (zum Thema Schizophrenie) aufzubauen und zu etablieren. Ein Team aus ausgebildeten Genesungs- und Angehörigenbegleitenden sowie Fachpersonen begleiten Angehörige und Bezugspersonen von Schizophreniebetroffenen.
Weiter werde ich öfters für Projekte in Forschung oder Weiterbildung zum Thema psychische Erkrankungen um Mitwirkung angefragt. Ich habe wirklich den Eindruck, dass in der psychiatrischen Versorgung in der Schweiz etwas in Bewegung kommt. Schön langsam, aber stetig. Meine Hoffnung, Erfahrene als kompetente Mitarbeitende in die Psychiatrie einzubeziehen, ist keine Utopie mehr. Langsam, Schritt für Schritt, Stein um Stein ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Dieser Prozess gibt mir Mut und Hoffnung, kleine und gute Veränderungen umsetzen zu können, bei mir selbst und in meiner Familie, auch was mein erkranktes Familienmitglied betrifft.
Trauer, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit in Hoffnung, Zuversicht und Mut zu verwandeln ist ein Weg, den ich nicht mehr missen möchte, und ich bin dankbar, dass mir die EX-IN-Ausbildung das «Rüstzeug» und den Mut gebracht haben, den Weg des Perspektivenwechsels, die Überzeugung, dass trotz (oder dank) einer psychischer Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben möglich ist. Für Betroffene sowie für Angehörige. Trialogisch und zusammen, was zusammengehört.
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Bestandsaufnahme aus 10 Jahren

Marianne Schuer - Angehörigenbegleiterin in der Hamburger Universitätsklinik

Die Motivation, als Angehörigen-Begleiterin tätig zu werden, war die langandauernde psychische Krise eines Familienmitgliedes (2009/2010). Meine Verzweiflung, Hilflosigkeit, Ungewissheit über Dauer und Intensität, die Suche nach meinem Anteil daran bewirkten, dass ich neben der therapeutischen Behandlung für mich nach Unterstützung, Erklärung über psychische Erkrankungen und hilfreiche Unterstützung für das Familienmitglied im Universitätskrankenhaus suchte. 2011 bekam ich die Gelegenheit, an der Qualifikation EX-IN für Angehörigenbegleitung teilzunehmen, die damals als ein Novum in der psychiatrischen Landschaft anzusehen ist. Unmittelbar nach Erlangung der Qualifikation nahm ich überglücklich und sehr motiviert die Gesprächsbegleitung im Krankenhaus auf.
Zu Beginn meiner Tätigkeit war ich unsicher und hatte wenig klare Vorstellung hinsichtlich Dauer der Zeit, Beginn und Ende des Gespräches, wann breche ich es ab. Der neutrale Ort in der Klinik (eigener Raum mit 2 Genesungsbegleiterinnen) war für den Hilfesuchenden als auch für mich selbst hilfreich und wichtig. Dieser Rahmen gab mir Sicherheit, Klarheit, die Ruhe dem Bericht des Angehörigen zu folgen und in der Fülle seiner Darstellung die unterschiedlichen Aspekte zu sortieren und notfalls zu unterbrechen, um auf einen zentral erscheinenden Punkt zurückzukommen.
Wertvoll und unterstützend war die monatliche Supervision. Der Austausch dort mit den ebenfalls tätigen Kolleg/innen als Angehörigenbegleiterinnen war sehr wichtig für mich. Verwirrende Momente und Gespräche, meine eigenen aufkeimenden Gefühle, die unterschiedlichen Herangehensweisen damit, konnte ich in diesem geschützten Rahmen wahrnehmen und reflektieren. Dies erfuhr ich als Halt gebend, auch bestätigend, tröstend und beruhigend und war hilfreich und wertvoll. Die impulsgebenden Anregungen gaben mir Aufschluss über die Mehrdeutigkeit eines Gesprächs- und Konfliktinhaltes und deren Situationen. Meines Erachtens ist eine Supervision unverzichtbar.
Ich habe fast ausschließlich Gespräche im direkten, persönlichen Kontakt; telefonische Kontakte blieben die Ausnahme. Ich bin angewiesen auf das Gespräch mit dem Gegenüber mit seiner Mimik, Modulation der Stimme und Körperhaltung. Die entstehende Atmosphäre und Energie, die ich immer besser „lesen“ lernte, ist ebenfalls ein wichtiger Anhaltspunkt für mich im Gespräch. Für den Angehörigen war dies in gleicher Weise gültig, so wurde es mir nach dem Gespräch widergespiegelt.
Die wachsende Bedeutung der Angehörigenbegleitung zeigte sich an der stark nachwachsenden Anfrage. Die Entlastung durch die Gespräche bewirkte, dass die Angehörigen etwas befreiter von ihrer Verzweiflung, Hilflosigkeit, Schuld und Scham aus dem Raum gingen. Hier konnten sie zunehmend offen von ihren Empfindungen, Ansichten und Vorstellungen von ihrer Belastung oder von den Ansprüchen anderer Familienmitglieder sprechen, ohne bewertet, verurteilt und mit Ratschlägen versorgt zu werden. Dies zeigte sich auch in der veränderten Wahrnehmung des erkrankten Menschen und führte zu teilweise Entlastung in den Familien. Im Laufe der Jahre sind mir immer mehr von Therapeuten, Fachpflegern und Ärzten in der psychiatrischen Abteilung Eltern, Ehepartner, erwachsene Kinder vorgestellt worden, deren Familienmitglied in Behandlung waren. Auch dies ist ein Hinweis über ein Umdenken des Klinikpersonals hinsichtlich der Notwendigkeit, die Angehörigen anzuhören und sie in dem langwierigen Prozess der Erkrankung zu begleiten.
Zusätzlich zu den Gesprächen habe ich zwei Angehörigen-Gruppen moderiert.
Die Offene Gruppe, zu der Angehörige ohne Anmeldung kommen konnten, löste bei mir zu Anfang Unsicherheit aus - obwohl wir sie zu zweit leiteten (Fachpfleger/Psychotherapeutin). Fragen wie: Wird sich ein Gespräch entwickeln? Was mache ich, wenn keiner etwas sagt? Wenn eine Person das Gespräch beherrscht und so einen Austausch verhindert? Ungewissheit, welche Probleme, Diagnosen, Anforderungen an die Gruppe und mich als Moderatorin auf mich zukommen, verunsicherten mich. Ich konnte zunehmend darauf vertrauen dass die Teilnehmer der Gruppe sich gegenseitig unterstützen und ihre eigene Energie aufbauen. Diese Erfahrung hat mein Zutrauen in meine Fähigkeit in der Gruppenleitung gestärkt und zu einer achtsamen, gelassenen Haltung geführt. Nur sehr selten mußte ich als Moderatorin strukturierend eingreifen und direkter werden, z.B., wenn rassistische Bemerkungen oder persönliche verbale Angriffe auf einen Teilnehmer erfolgten.
Die zweite Angehörigengruppe ist/war ein geschlossene Gruppe, für Angehörige mit jugendlichen Kindern, die psychische Erkrankungen haben. Diese Gruppe profitierte von dem geschützten Rahmen und es baute sich eine Vertrautheit und Intimität auf, die sehr wirksam und heilend für die Teilnehmer war. Anfangs habe ich mich nach den Sitzungen des Öfteren gefragt, wie hätte ich anders fragen und helfen können. Mit wachsender Erfahrung haben diese Gedanken und auch den Ehrgeiz meinerseits nachgelassen, in der Erkenntnis und dem Wissen, dass ich Impulse geben kann. Ob diese an- und aufgenommen werden, stehen nicht in meiner Macht.
Diese Zeit meiner Tätigkeit als Angehörigenbegleiterin ist sehr kostbar für mich. Ich habe sehr viel dabei über mich gelernt. Durch die Schilderungen der Angehörigen konnte ich meine Denk- und Handlungsweise reflektieren. Meine zeitweilig auftretende Ungeduld gegenüber den für mich extrem langsamen Prozessen der Wandlung der psychisch instabilen Angehörigen ist abgeschwächt. Immer wieder übe ich mich in der Akzeptanz des Tempos in ihrem Entwicklungsprozess. Die Wahrnehmung und Respektierung ihres eigenen Prozesses der primär Betroffenen und auch der von mir begleitenden Angehörigen ist ein wertvolles Lernen in meiner persönlichen Entwicklung. Das bewusste Vergegenwärtigen meiner Rolle, Vermeidung einer Beurteilung und Vorwegnahme einer Lösung/Strategie haben mein Zuhören und Annehmen der vor mir sitzenden Person erleichtert. Dies wirkt sich auch auf mein privates Umfeld aus und die Kommunikation sowie das Zusammenleben ist friedlicher, wertschätzender und liebevoller geworden.
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„Es soll nicht nur den erkrankten Menschen wieder besser gehen, sondern auch den begleitenden Angehörigen“


Bärbel Olbrich - Angehörigenbegleiterin seit vielen Jahren in einer Hamburger Klinik

Zu allererst und allerwichtigst:
Ich bin froh, die Qualifikation EX-IN für Angehörigenbegleitung erlangt zu haben! Zielt die Qualifikation zwar ab auf die dringend notwendige Begleitung von mitleidenden Angehörigen bei einer psychischen Erkrankung ihrer Angehörigen, so ist für mich dabei eine reine Selbsterkenntnis ebenso enthalten gewesen und hat meinen Horizont erweitert.
Die Peer-Arbeit von Angehörigem zu Angehörigem, die Begleitung selbst findet in einer Art "Seelenverwandtschaft" statt. Menschen, die zu mir in die Gespräche ins Krankenhaus kommen, sind in einer ebensolchen, schwierigen seelischen Sonder-Situation wie ich es einmal erlebt habe mit der ganzen Bandbreite der Gefühle. Es ist für mich ein Herzensbedürfnis, sie in ihren schwierigen Zeiten ein Stück des Weges begleiten zu dürfen, ihre Gefühle, ihr Schicksal mitzutragen – ohne Bewertung. Ich nehme die Menschen ernst, gebe ihnen liebevolle, positive Zuwendung und Achtung. Und auch sie können so sein wie sie sind mit all ihren Sorgen, Nöten, Ängsten, Schuldgefühlen, Hilflosigkeit, Trauer, Wut.
Immer wieder freue ich mich über das mir entgegengebrachte Vertrauen, da auch ich "echt" bin in jedem Augenblick. Der Angehörige spürt: Mein Gegenüber versteht mich. Wir sitzen im selben Boot.
Daraus erkenne ich: Dies ist ein heilsames Gespräch.

Unsere Angehörigen-EX-IN-Begleitung kann man verstehen als Ergänzung zur Angehörigenberatung des Landesverbands Angehörige psychisch erkrankter Menschen, Hamburg. Häufig ist dies die erste Anlaufstelle bei Schwierigkeiten, die die Familie eines erkrankten Menschen anruft. Die Fragen lauten: Welche Hilfen stehen meinem erkrankten Menschen zur Verfügung? Wie kann es für meinen Sohn, Partner, etc. weitergehen? Und was ist mit mir?
Da kommt auch EX-IN ins Gespräch. Es soll nicht nur den erkrankten Menschen wieder besser gehen, sondern auch den begleitenden Angehörigen.
Das Auffangen und Weiterbegleiten der Angehörigen in vielen Sitzungen, ganz individuellem Eingehen auf die persönliche Situation, können wir mit der EX-IN-Angehörigenbegleitung ermöglichen. Und zwar so lange, wie der mitbetroffene Angehörige es benötigt, was sich auch auf die gesamte Familie positiv auswirken kann.

Die Praxisbeispiele zeigen auf einer überzeugenden Art und Weise, mit wieviel Solidarität und Herz die wirkenden Angehörigenbegleiter*innen ihre Arbeit tun.
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Die Sichtbarkeit der EX-IN Angehörigenbegleitung im Dachverband EX-IN Deutschland e.V.


Irmela Boden - Angehörigenbegleiterin und Peertrainerin für Angehörigenbegleiterkurse

Seit 2014 gibt es die neue Berufsgruppe der EX-IN Angehörigenbegleiter*innen und
etwa zeitgleich einen Verband, der entstanden ist, um den EX-IN Standorten für die Genesungsbegleiter Ausbildung eine verbindende Struktur zu geben zur Erhaltung bundeseinheitlicher Qualitätsstandards.
Nachdem Gyöngyvér Sielaff in Hamburg aus einem erweiterten Trialog-Verständnis auch eine EX-IN Qualifizierung für Angehörige konzipierte und auch vor-sorgend für die Angehörigenbegleiter*innen Supervision seit vielen Jahren anbietet und das Forum für Angehörigenbegleitung initiiert hat, um mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen,

Die Angehörigenbegleiter*innen sind eine junge Berufsgruppe und in der Mehrzahl in Hamburg vertreten, wo Erfahrungen aus der Praxis belegen, dass es großen Sinn macht bei psychischen Krisen auch die Angehörigen der betroffenen Menschen zu begleiten. Das Interesse wächst, auch überregional. So gibt es den ersten EX-IN Angehörigenkurs in Bern.
Viele Erfahrungen in der Praxis der Angehörigenbegleitung - was die berufliche Verortung in einer Klinik oder in einem multiprofessionellen Team einer ASP betrifft - ähneln denen der Genesungsbegleiter*innen in den Anfangszeiten. Angehörigenbegleiter sind noch auf dem Weg, von der Einzelbegleitung von Angehörigen, den Fuß in die Teams der psychosozialen Versorgung oder Kliniken zu setzen, um in Familiengesprächen, Netzwerkgesprächen dabei zu sein oder als vollwertiges Mitglied in einem multi-professionellen Team mitzuarbeiten – als gut bezahlte Stelle im System.
Angehörigenbegleiter*innen finden andere Bedingungen vor als die etablierten EX-IN Genesungsbegleiter*innen, wirken aber schon in Projekten von Hometreatment, im trialogisch konzipierten Weddinger Modell, klinisch und ambulant – und das macht MUT.
Wer wüsste das in diesem Fall, wenn es um Inhalte geht, besser als Gyöngyvér Sielaff, die nicht nur das Konzept der EX-IN Angehörigenbegleitung ins Leben gerufen hat. Man sollte sie mit im Boot haben, wenn es um die Zukunft der EX-IN Angehörigenbegleitung und um die Zukunft einer trialogischen Zusammenarbeit EX-IN gehen soll.
Unter dem Dach von EX-IN könnte ein wichtiger Dialog beginnen. Doch man muss den Blick schärfen, nicht Angehörige einbeziehen zu wollen, sondern der neuen Berufsgruppe der Angehörigenbegleiter*innen einen Raum zu schaffen, sich zu zeigen, um Neues entstehen zu lassen.
Doch wie sichtbar werden die Angehörigenbegleiter*innen mit ihrem Wirken im Dachverband?
Der Dachverband bemüht sich um die Einbeziehung der „Angehörigen“ in Gremien und Tagungen. Allerdings ist der Sprachgebrauch vage, um welche Angehörigen es sich hier handelt.
An der Sprache kann sich ein Angehörigenbegleiter nicht angesprochen fühlen.
Es gibt den EX-IN Länderrat, bestehend aus gewählten oder kommissarischen Landessprechern, der für Angehörigenbegleiter*innen auch eine Position offen hält. Jedoch stellt sich die Frage, ob das Sinn macht. Noch arbeiten zu wenige Angehörigenbegleiter*innen verteilt in Deutschland, um sich bezogen auf Länderebenen konstruktiv in einen Austausch zu begeben.
Die monatliche Supervision und der frisch gegründete Stammtisch sind in der inhaltlichen und struktruellen Vernetzung von großer Bedeutung.
Auch bei Einladungen zu trialogischen Intervisions- und Jahrestagungen mangelt es an der Beteiligung von EX-IN Angehörigenbegleiter*innen. Leider reicht es nicht, die formale Struktur der Tagungen mit vereinzeltem Inhalt zu füllen.
Wie kann die Beteiligung der EX-IN Angehörigenbegleiter*innen geweckt werden?
Da müssen wir die Frage nach dem Inhalt stellen, um den es gehen könnte und sollte.
Es geht doch um die neue Zukunft von Veränderung, für einen Paradigmenwechsel in der Psychiatrie. Angehörige sind und waren bisher nie vorgesehen, kommen in der Psychiatrischen Versorgung nur am Rande vor. Das können die Angehörigenbegleiter*innen mit ihrem Berufseinsatz ändern und darüber gilt es zu sprechen, im miteinander ringen, um die Zukunft zu gestalten.
Aber es braucht auch eine politische Auseinandersetzung, um neben den Genesungsbegleiter*innen auch die Angehörigenbegleiter*innen in der psychosozialen und psychiatrischen Landschaft zu implementieren. Der Rahmen des Dachverbandes könnte mit den vorhandenen Strukturen ein Ort sein, an dem diese Interessen gebündelt und koordiniert werden.

Und die Angehörigenbegleiter*innen selber? Sie müssen ihr eigenes Empowerment entwickeln!
Es gibt eine Keimzelle von einigen Angehörigenbegleiter*innen in den Startlöchern, die Teilnehmer*innen der Kurse zu vereinen, miteinander ins Gespräch zu bringen, voneinander zu wissen, sich gegenseitig mit Rat und Tat zu unterstützen und wer weiß(?), sich auch im Dachverband sichtbar zu machen.
Unser großer Wunsch: der Dachverband sollte eine sensible Offenheit für die Bedürfnisse dieser neuen Berufsgruppe vorhalten und gemeinsam mit den arbeitenden Angehörigenbegleiter*innen Strukturen schaffen.
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Kooperationspartner

Im Laufe der letzten zwei Jahre haben wir immer verbindlichere Strukturen für vernetzte Zusammenarbeit ausgebaut. Einige Vereine/Institutionen sind, wie „Irre menschlich Hamburg e.V.“ seit Anfang an dabei und andere sind im Laufe der Zeit durch die inhaltliche und politische Zusammenarbeit zustande gekommen.

Wir werden in diesem wie in den folgenden Newslettern jeweils einen Kooperationspartner etwas näher vorstellen.
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EX-IN Hamburg e.V. hat seine Heimat in Treffpunkt Job unter dem Dach der psychosozialen Einrichtung der Alsterarbeit (Alsterdialog/ Stiftung Alsterdorf).
Das freut uns sehr!
Wir können wohl schon sagen, dass uns eine ähnliche geistige Haltung, im Bezug auf Menschen und auf seelische Krisen verbindet.
Nachfolgende Gedanken von der Leiterin, Barbara Lambrecht, die mit viel Engagement unterstützt.

Liebe EX-Inler*innen,
ein gutes Jahr ist es nun schon her, dass ihr mit Eurem Vereinsbüro bei uns eingezogen seid. So teilen wir jetzt ein klein wenig gemeinsames Arbeiten. Auf unterschiedliche Weise und doch den Menschen verbundenen, für die wir tätig sind.
Noch sind die Begegnungen nicht so häufig. Vieles läuft weiterhin digital, im Homeoffice oder wir haben andere Arbeitszeiten. Wenn wir uns sehen, ist es ein unkompliziertes Begegnen und für den ein oder anderen Plausch war auch schon mal Zeit. So lernen wir uns weiter kennen.
Eine stille Freude ist in mir, wenn ich an Eurem Büro vorbeigehe. Darüber, dass eine Verbindung entstehen konnte und wachsen und Gestalt finden wird. Darüber, dass ihr Eure Arbeit so weiterführen konntet, und ihr unter dem Dach der alsterarbeit nun auch Räumlichkeiten habt und Eure Qualifizierungen fortführen könnt.
Mitbekomme ich aus den Begegnungen auch, wieviel Verantwortung ihr übernommen habt und wieviel Zeit die Arbeit benötigt. Und welche Ideen ihr noch bewegt. Dafür braucht es eine gute Mann- und Frauschaft und viele Hände. Dass ihr zu einer tragenden Gemeinschaft in Eurem Verein zusammen wachst wünsche ich Euch!

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EX-IN in Bewegung

Termine

26./27. November 2022: Weiterbildungsmodul „Suizid und Suizidalität in der Angehörigen- und Genesungsbegleitung“

Aufgrund großer Nachfrage bietet EX-IN Hamburg eine weitere Fortbildung an.
Am 26. und 27. November 2022 (Sa./So.) findet eine Online-Weiterbildung statt, zu der
zertifizierte Genesungs- und Angehörigenbegleiter*innen bundesweit herzlich
eingeladen sind. Gemeinsam möchten wir uns zum noch immer tabuisierten Thema
„Suizid und Suizidalität und der Umgang damit in der Genesungs- und Angehörigenbegleitung“ austauschen.

Nach der bekannten ICH-DU-WIR Methode bearbeiten wir Themen wie z.B.:
- Wie taucht das Thema Suizid in unserer Arbeit auf?
- Wie wird (nicht) darüber gesprochen?
- Wie erleben und begleiten wir Schock, Abschied, Trauer, Ratlosigkeit?
- Wie nehmen wir in solchen Zeiten der Krise das Team wahr, von dem wir Teil sind?

Erstmalig wird diese Weiterbildung in Hamburg trialogisch vorbereitet und durchgeführt.

Die Fortbildungskosten betragen 50 Euro.
Verbindlich anmelden könnt Ihr Euch bereits jetzt per E-Mail an:

weiterbildung@ex-in-hamburg.net

Nähere Informationen zur Weiterbildung sind in Kürze auch als PDF-Dokument auf unserer Website über den nachfolgenden Button abrufbar:
EX-IN-Kreis-GS1

Aufruf zur Aufstellung zum Landessprecher-Tandem

Kaja Meiser und Bianca Scheunemann, das kommissarische Landessprecher-Tandem für Hamburg, rufen alle interessierten EX-IN-zertifizierten Genesungsbegleiter*innen auf, sich zur Wahl aufstellen zu lassen:

https://ex-in-hamburg.net/ex-in-laenderrat
EX-IN-Kreis-GS1

Erfahrenenbeteiligung bei einer klinischen Studie zum Thema Depression

Prof. Philipp Klein, leitender Oberarzt und Trackleitung Psychosomatik am Zentrum für Integrative Psychiatrie in Lübeck, hat ein interessantes Anliegen, bei dem es um die Beteiligung von depressionserfahrenen Menschen bei einem Forschungsprojekt geht.

Herr Klein möchte gerne dazu in einen ersten Austausch gehen, wie die Behandlung mit einer Digitalen Gesundheitsanwendung verbessert werden kann, wenn diese nach den ersten Wochen noch nicht anschlägt.
Speziell geht es um folgende Anwendung: https://de.deprexis.com/
Gesucht werden also Menschen, die bereits derartige Digitale Anwendungen ausprobiert haben, um eine Verbesserung des depressiven Erlebens zu erlangen oder grundsätzlich der Nutzung von einer Digitalen Anwendung nicht abgeneigt sind.
Weiterführende Informationen dazu sind hier zu finden: https://bit.ly/DiGA_Sammlung

Der Austausch findet per Videokonferenz am Montag, dem 12.12.2022 von 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr statt. Der Link zur Videokonferenz wird nach der Anmeldung verschickt.
Um dabei zu sein, meldet Euch gerne bis zum 09.12.2022 bei der EX-IN Genesungsbegleiterin Bianca Rudloff unter folgender E-Mail-Adresse:

Bianca.Rudloff@uksh.de
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Nachrichten aus dem Verein

Am 05.10.2022 hat online die Mitgliederversammlung von EX-IN Hamburg e.V. stattgefunden. Hier ist Mirko Damschke zum ordentlichen Vorstandsmitglied gewählt worden. Der Vorstand besteht nun aus Gyöngyvér Sielaff, Suzan Bolkan, Sirit Schönefeld und Mirko Damschke.
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Buchtipp

Annelie Keil: "Auf brüchigem Boden Land gewinnen"

Ein Buchtipp von Marianne Schuer

Dieses Buch habe ich inmitten einer heftigen Krise entdeckt. Es hat mir Zuversicht und Hoffnung gegeben, dass ich auch diese überlebe. Es begleitet mich weiterhin, denn es fordert mich auf, nicht aufzugeben, mich in dem Annehmen der Situation zu üben, den Wandel in meiner Denkweise und Haltung wahrzunehmen und es wertzuschätzen. Da dieses sehr leicht im Alltäglichen wegrutscht, erinnern mich Erzählungen aus diesem Buch an meine eigenen
Möglichkeiten und Kraft.

Hier werden Geschichten von Menschen erzählt, die in Lebenskrisen geraten sind. Wie sie
Lebenssituationen, Zweifel, Hunger, Verlust von Arbeit, Todeserfahrungen durchlitten haben und
was diese Menschen bewegten, sich aufzurichten, neue Ziele zu entwickeln, weiterzuleben.

Prof. Dr. Annelie Keil, Soziologin und Gesundheitswissenschaftlerin, geb. 1939, hat mit 40 Jahren einen Schlaganfall, mit 50 eine Krebserkrankung erlitten. Sie sucht biografische Antworten auf Krankheit und Krisen. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, u. a. „Wenn das Leben um Hilfe ruft“ - Angehörige zwischen Hingabe, Pflichtgefühl und Verzweiflung.

Vielen Dank und bis bald!


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EX-IN Hamburg e.V.
Brauhausstieg 15-17
22041 Hamburg

Vereinsregister: VR 24 125
Registergericht: Amtsgericht Hamburg, 20348 Hamburg

Vertreten durch:
Gyöngyvér Sielaff
Suzan Bolkan
Sirit Schönefeld
Mirko Damschke

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